Ein Empty Bowls Projekt von Christoph Möller

Referat über ein Empty Bowls Projekt anlässlich des 8.kalkspatz-Symposiums  2007 in München 

Ich will mich kurz vorstellen: ich heiße Christoph Möller, bin Keramiker, lebe in Diessen am Ammersee und arbeite seit über 30 Jahren mit Ton, seit einigen Jahren unterrichte ich auch und gebe Kurse.

 Zu Beginn meiner Selbstständigkeit habe ich viele Jahre Gebrauchsgeschirr in großen Serien gemacht. In den letzten Jahren hat sich mein Tätigkeitsschwerpunkt mehr in Richtung freier künstlerischer Arbeiten bewegt, die aber immer einen Bezug zum Gefäß behalten haben.

 Seit einiger Zeit suche ich nach Möglichkeiten diese beiden Bereiche stärker miteinander zu verbinden. Das bedeutet, Dinge zu machen, die man einerseits berühren und verwenden kann, die aber andererseits auch etwas Seelisches und Geistiges ansprechen.

Ich glaube, dass ist auch der Grund dafür, dass das Wort EMPTY BOWLS, als ich es das erste Mal gehört habe, sofort etwas in mir ausgelöst hat und mir die Idee so gut gefällt.

Zu Beginn des Referats will ich kurz darstellen worum es bei der Idee der Empty Bowls geht obwohl das eigentlich überflüssig zu sein scheint, wenn ich die vielen schönen Schalen sehe die hier stehen. Dann will ich auf einige Aspekte eingehen, die für mich dazubeitragen, dass jede Empty Bowls Aktion, an der ich selbermitgemacht habe und von der ich gehört habe ein Erfolg war und den Menschen, die daran beteiligt waren, wirklich Freude gebracht hat.

Zum Schluss will ich noch von einem Projekt berichten, das ich im vergangenen halben Jahr mit Jugendlichen einer evangelischen Kirchengemeinde in Diessen durchgeführt habe.

EmptyBowls ist eine Möglichkeit für alle, die mit Ton arbeiten persönlich und sehr direkt mitzuhelfen den Hunger an einemkonkreten Ort in der Welt zu lindern.

Eine EB – Aktion läuft so ab, dass Töpfer, oder auch Schüler, Studenten, Jugendgruppen oder Teilnehmer eines Keramikkurses Schalen herstellen. Diese Schalen stiften sie für ein Essen, zu dem sie andere Menschen einladen.

Jede dieser Schalen wird mit einem kleinen Stempel versehen, der wiederum das Symbol einer Schale darstellt wodurch diese Schale als EBSchale erkennbar bleibt und auch auf den Zusammenhang verweist, indem sie entstanden und erworben wurde.

Bei dem Essen sucht sich jeder eine Schale aus, bekommt sie mit Suppe gefüllt und nimmt an dem gemeinsamen Essen teil. Im Tausch für Schale und Suppe gibt jeder einen bestimmten Betrag.

Der gesamte Erlös kommt einem Projekt zu Gute, das mithilft den Hunger zu lindern. Über dieses Projekt gibt es im Rahmen des Essensmeistens auch Informationen. Diejenigen, die das Ganze organisieren können ganz frei bestimmen, was Suppe und Schale kosten sollen und wohin das Geld gespendet werden soll. Erfahrungsgemäß sind es Projekte zu denen es eine ganz persönliche und direkte Verbindung gibt.

Oft ist es so, dass jemand, der selber in dem Projekt engagiert ist, persönlich anwesend ist, berichten und Fragen beantworten kann.

Das Einzige worum die Initiatoren der Idee bitten, ist, dass man über Fax oder Internet die Veranstaltung und Ihren Erlös mitteilt.

Initiatorensind übrigens drei amerikanische Töpfer, darunter Paulus Berensohn den manche von Euch vielleicht über sein wie ich finde sehr empfehlenswertes Buch Dialoge mit Ton kennen. Er kam vor drei Jahren zum Töpfermarkt nach Diessen und hat dort in einem Vortrag über seine Arbeit erwähnt, dass er neben seiner Kursarbeit einen großen Teil seiner Zeit der Unterstützung von EB Projekten widmet. Von ihm haben wir umgehend auch unser Starterpaket bekommen, Texte mit Anregungen für die Durchführung von EB Aktionen dabei auch ein kleiner Stempel und in einem Plastikbeutelchen ein paar Bröselchen amerikanischen Ton, die, wie es heißt, von der ersten EB Aktion Anfang der Neunziger Jahre stammen. Wer Interesse an einem solchen Starterpaket hat kann sich gerne nachher an mich wenden oder sich hier in eine Liste eintragen.

Nun will ich auf einige Aspekte eingehen, die meiner Meinung nach besonders dazu beitragen, dass sowohl die, die die Schalen machen als auch die, die die Suppe kochen und auch die, die an dem Essen teilnehmen hinterher das Gefühl haben, dass sie eine wirkliche Bereicherung erfahren haben.

Der Grund liegt für mich darin, dass Geben und Bekommen sich in einem wirklichen Ausgleich befinden. Es geben alle, aber es bekommen auch alle etwas zurück und zwar nicht in der Form, dass man eher anonym Geld spendet und dafür Dank erfährt, sondern so, dass jeder einzelne eine sehr persönliche, sinnliche und direkte Erfahrung macht, dabei sich mit anderen Menschen verbindet um anderen Menschenzu helfen.

Für die Töpfer selber ist es oft eine neue Erfahrung, dass sie mit ihrerArbeit ganz konkret Hilfe leisten können. Auch ist es etwas Neues, das, was sie als Töpfer ganz alltäglich machen, nämlich Schalen für den Gebrauch und für den Verkauf, für diesen ganz anderen Zusammenhang zu machen. Paulus Berensohn hat von einem amerikanischen Töpfer erzählt, der seit vielen Jahren zu Beginn seiner Arbeit am Morgen eine Schale dreht, die er für ein EB Essen stiftet. Ich stelle mir vor, dass diese kleine Arbeit am Morgen auf den Tag und auch auf die andere Arbeit ausstrahlt.

Für Menschen, die nicht beruflich mit Ton arbeiten steht oft die Freude beim Machen und der Stolz über das Gelingen im Vordergrund. Oft sind die aufgebauten oder gedrückten Schalen ja auch von einem ganz besonderen Reiz weil in ihnen die Spuren der Handarbeit und die konzentrierte Bemühung besonders spürbar sind. Eine große Bestätigung ist es dann auch mitzuerleben mit wie viel Freude und Aufmerksamkeit die Gäste die Schalen auswählen. .

Geben und Bewahren sind ja auch die beiden ursprünglichen Gesten der Schalenform. Und so drückt sich in dem ganzen Geschehen bei einem EBProjekt sehr viel vom Wesen der Schale selber aus.

Auch wenn es letztlich darum geht dass möglichst viel Geld gespendet wird, so ist es für mich eine weitere Besonderheit, dass bei der Durchführung eines EB Projekts eigene oder kommerzielle Interessen keine Rolle spielen. Der gesamte Erlös soll der Hungerhilfe zu Gute kommen. Wird nur ein Teil des Erlöses gespendet so verändert sich nach meiner Erfahrung das Ganze. Natürlich kann man Unkosten, die entstehen wie z.B. für Einladungen verschicken, Zutaten zur Suppekaufen u.s.w. vom Erlös abziehen. Oft findet man aber auch Menschen die gerne bereit sind mitzuhelfen und solche Aufgaben zu übernehmen. Als es vor zwei Jahren eine große EB Aktion auf dem Diessener Töpfermarkt gab, für das die am Markt teilnehmenden Töpfer über 900 Schalen gespendet hatten haben sich die Diessener Gastwirte bereit erklärt kostenlos das Suppenkochen zu übernehmen. Weil dann bereits am ersten Tag fast alle Schalen verkauft waren, wir aber für vier Tage Suppen organisiert hatten haben wir die restlichen Tage jede bei einem Töpfer auf dem Markt gekaufte Schale für einen moderaten Betrag mit Suppe gefüllt.

Aber nicht nur spielen kommerzielle Überlegungen keine Rolle, auch die ästethischen Kriterien, die sonst oft so wichtig sind treten meiner Erfahrung nach eher in den Hintergrund. Natürlich freut man sich über eine besonders gelungene, schöne Schale aber das ist nicht das Wesentliche. Es geht um etwas anderes.

Aus diesem Grund sind wir auch bei der Aktion auf dem Diessener Töpfermarkt dazu übergegangen die Schalen zu verlosen d.h. jede Schale bekam eine Nummer und jeder Besucher erwarb ein Los ohne genau zu wissen welche Schale er dafür bekommen wird. Da kann es natürlich schon mal vorkommen, dass jemand eine Schale bekommt, die ihm erstmal nicht so gefällt. Aber dieses Verlosen hat den Vorteil, dass es etwas spielerisches, überraschendes mit sich bringt und dass es das, was wir normalerweise tun nämlich etwas ganz bestimmtes für uns haben und kaufen zu können, umgeht.

Auch bei unserem EB Essen zum Abschluss des Symposions werden die Schalenverlost und wer ganz unglücklich ist mit seiner Schale kann immer noch eine kleine Tauschbörse eröffnen.

Eine weitere Besonderheit ist für mich, dass es sehr viele verschiedene Möglichkeiten gibt die Schalen für ein EB Essen zu fertigen.

Das hängt auch damit zusammen, dass sich im Wesen der Schale ganz vieles berührt. Zum einen ist sie alltäglichster Gebrauchsgegenstand auf der anderen Seite aber auch Symbol für Geistiges. Man denke nur an die japanische Teeschale oder die Schalen, die im kirchlichen Ritus verwendet werden. Paulus Berensohn schreibt in seinem Buch, dass sich ihm das Wesen der Schale erst so richtig über eine Stelle in einem Buch des französischen Dramatikers Jean Genet erschlossen hätte. Genet beschreibt da seinen Wunsch mit einer einfachen Schale durchs Land zu streifen, einer Schale in der er empfangen möchte, was er für sein Leben braucht: gleichermaßen für Körper, Geist und Seele.

Dieses weite Spektrum an Bedeutungen, an Assoziationen und Symbolik eröffnetdie Möglichkeit ganz unterschiedliche Schwerpunkte zu setzen, jenachdem in welchem Zusammenhang und wer die Schalen macht. Christian hat am Freitagnachmittag bei der Führung durch die Werkstatt erzählt, dass er mit einer seiner Klassen schon zum dritten Mal ein EB Projekt durchgeführt hat und dass die Arbeit bei jedem Mal intensiver wurde. Daran habe ich gestern bei dem Vortrag von Prof. Sowa denken müssen weil ein Grund dafür vielleicht ist, dass die drei Punkte, die er im Zusammenhang mit dem Kunstunterricht angesprochen hat nämlich das Handwerk, die Gestaltung und das künstlerisch Geistige beim Machen der Schalen ganz nah beieinander sind.

Auch kommt für die Jugendlichen noch die Erfahrung dazu, dass sie aus eigener Kraft etwas schaffen und bewirken können was ja eine wichtige Erfahrung ist angesichts der Not, mit der wir tagtäglichüber die Medien konfrontiert sind. Hier an der Schule ist es zudem so, dass einzelne Hilfsprojekte schon seit vielen Jahren unterstützt werden.

Beidem Projekt, das ich im vergangenen halben Jahr mit einer Gruppe von Jugendlichen im Alter zwischen 12 und 16 Jahren organisiert habe, war noch zusätzliches Ziel, dass die Jugendlichen so viel wie möglich selber in die Tat umsetzen von alledem, was zwischen Ton vorbereiten um die Schalen zu machen bis hin zur Organisation des Essens selber an vielen kleinen Schritten notwendig ist wenn man ein EB Essen plant.

So sind wir im vergangenen Herbst mit Schaufel und Hacke und einem Leiterwagen losgezogen und haben an einer Stelle, die uns ein alter Diessener Töpfer gezeigt hatte Ton gegraben. Den haben wir bei mir in der Werkstatt zerkleinert und erstmal getrocknet, dann im trockenen Zustand mit dem Hammer noch mal zerkleinert und alles mit Wasser bedeckt.

Erwähnen sollte ich noch, dass wir uns in diesem vergangenen halben Jahr ca. achtmal am Samstagnachmittag für 2 – 3 Stunden getroffen haben wobei nicht immer alle der 14 Jugendlichen dabei waren. Eigentlich hatte ich vorgehabt auch Bilder von der Aktion zu zeigen. Aber es hat sich ganz am Schluss herausgestellt, dass der Junge, der die Photos machen sollte und auch die ganze Zeit fleißig fotografiert hat fast ausschließlich die Mädchen der Gruppe porträtiert hatte so dass die Bilder für unseren Zweck hier ganz unbrauchbar waren.

Wir haben dann den flüssigen Ton gesiebt und getrocknet und sind dann ans Schalen machen gegangen. In dieser Zeit haben wir auch begonnen uns zu überlegen zu welchem Zeitpunkt das Essen stattfinden soll und wo das Geld hingespendet werden soll. Es gab über die Kirche und auch die Elternhäuser Kontakte zu verschiedenen Projekten. Die Jugendlichen haben eine Vorentscheidung getroffen und wir haben an einem der Samstage einen Vertreter eines Projekts, das ein Kinderhaus in Brasilien unterstützt, eingeladen und uns alles erklären und zeigen lassen, auch wie das Geld dorthin gebracht und was damit dortgemacht wird. Die endgültige Entscheidung das Geld dorthin zuspenden wurde dann beim nächsten Treffen gefällt.

Die Schalen wurden dann glasiert, bemalt und gebrannt. Dabei haben wir ganz unerwartet Probleme mit unserem so mühsam aufbereiteten Ton bekommen, weil es sich gezeigt hat, dass die verwendete bleifreie Alkaliglasur und der Ton sehr unterschiedliche Spannungen hatten. Das hat dazu geführt, dass die Glasur bei den ersten Schalen, die wir glasiert und gebrannt haben an den Kante abgesprungen ist.

Für mich war das wirklich ein sehr schlimmer Moment in dem ich mir natürlich große Vorwürfe gemacht habe vorher nicht noch mehr Proben gemacht zu haben. Die Jugendlichen selber sind erstaunlich pragmatisch mit dieser schwierigen Situation umgegangen. Vielleicht ist ihnen die Erfahrung, dass etwas nicht immer so gelingt wie man es gerne haben würde und wie man es sich vorstellt näher als es uns bewusst ist.

Ich habe dann nach einer spannungsarmen Fertigglasur gesucht mit der wir dann den Rest der Schalen glasiert haben. Das ging dann Gott sei Dank gut. Aber letztendlich hatten wir dadurch 12 Schalen weniger.

Hinterher habe ich mir gedacht, dass es vielleicht besser gewesen wäre bei diesem ersten Versuch mit dem selber gegrabenen Ton ganz auf die Glasur zu verzichten und erstmal noch mehr Erfahrungen mit dem Ton zu machen. Man hätte z.B. den Ton im lederharten Zustand dekorieren, glätten oder polieren können. Das hätte auch die Möglichkeit eröffnet die Schalen in einem kleinen Holzofen zubrennen um so auch das Brennen noch stärker mit in den ganzen Prozess einzubeziehen.

Zum Abschluss der Aktion fand heute vor einer Woche dann das gemeinsame Essen im Anschluss an einen Gottesdienst statt. Ein Vater hat das Suppenkochen angeleitet, die Jugendlichen haben ab 9 Uhr früh Gemüse klein geschnitten, es gab Stellwände auf denen das Hilfsprojekt vorgestellt wurde und auch einige wenige Photos vom Prozess des Machens und die knapp 60 Schalen sahen in ihrer großen Unterschiedlichkeit ganz wunderbar aus. Innerhalb von 20 Minuten waren alle Schalen verkauft, der Erlös betrug 660 Euro, den die Jugendlichen sehr stolz und glücklich auch sofort an eine Vertreterin des Hilfsprojekts übergeben haben.

Nachträglich gesehen glaube ich, dass es besser gewesen wäre, die ganze Aktionsehr viel konzentrierter durchzuführen. Die 7 Monate zwischen Tongraben und dem eigentlichen Essen waren viel zu lang. Besser wäre es auch gewesen das Ganze im Sommer zu machen. Gerade das Ton graben und aufbereiten wäre durch die kürzeren Trocknungszeiten sehr viel schneller gegangen. Auch hatten wir zu Beginn geplant, dass jeder neben seinen Schalen für die Aktion auch eine Schale macht, die erfür sich als Erinnerung behält.

Das ging nach den Schwierigkeiten mit der Glasur dann nicht mehr, weil wir sonst zu wenig Schalen gehabt hätten.

Überhaupt ist es sicherlich einfacher, wenn man das erste Mal eine solche Aktion plant den Ton und die Glasur und die Brenntechnik anzuwenden, mit der man vertraut ist. Die Beschreibung der Aktion mit den Diessener Jugendlichen zeigt aber welche zusätzlichen Gestaltungsmöglichkeiten es für die Durchführung einer solchen EB Aktion gibt.

Jetzt genug der Theorie. Das Symposion ist fast zu Ende, hier stehen alle diese wunderbaren Schalen und warten darauf verlost und mit Suppe gefüllt zu werden und wenn der eine oder andere jetzt Lust bekommen hat das Ganze auch bei sich auszuprobieren kann ich versprechen, dass es wirklich funktioniert und viel Freude macht.

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